Im Mittelpunkt des Kampfes gegen den Terrorismus stehen nicht einzelne Attentäter, sondern weltweit operierende Netzwerke des Terrors, die enge Verbindungen zur Organisierten Kriminalität (OK) unterhalten: Milliardenschwere Unternehmer, korrupte Politiker und einflussreiche Mafiabosse, die mit Diebstählen, Mord, Entführungen, Schutzgelderpressungen, Menschenhandel, Korruption, Waffen- und Drogengeschäften – zum Teil mit Unterstützung der Geheimdienste – immense Vermögen angehäuft haben und dieses Geld mit Hilfe von Anwälten und Banken in der „legalen“ Wirtschaft der westlichen Welt investieren. Falsche Dokumente und Waffen werden, wenn sie nicht von Nachrichtendiensten geliefert werden, über kriminelle Netzwerke und einflussreiche Finanziers beschafft.
Terroristen wie Kriminelle benötigen einen funktionierenden Nachrichtendienst, politische Kontakte und korrupte Politiker, die sie beschützen. Alles steht auf dem Fundament des Geldes, dem Blut im Kreislauf der Organisierten Kriminalität. Am 23. Februar 2001 verfasste die Bank of England einen Report, in dem nicht nur alle Namen der Taliban-Regierung und der bin Laden-Organisationen al-Qaida erwähnt, sondern detailliert deren weltweites Firmennetz beschrieben wurde [Bank of England, Notice, London, 23. Februar 2001]. Nichts geschah.
Die Frage, warum man nicht mit rigorosen Mitteln und durchschlagendem Erfolg gegen verbrecherische Finanzimperien vorgeht, ist einfach zu beantworten: Achtzig Prozent aller kriminellen Gelder landen in den internationalen Off-Shore-Zentren, wie den Bahamas, den Cayman-Inseln, Panama, den Niederländische Antillen, den britischen Channel-Inseln, Monaco, Liberia oder Luxemburg. Täglich werden 3 Billionen US-Dollar über die Banken durch diese Zentren geschleust. Würden die USA und die Europäische Union beschliessen, alle Finanzströme in diesen Off-Shore-Zentren zu blockieren, wäre innerhalb von weniger als einem Jahr ein entscheidender Schlag gegen international operierende Terroristen und Mafiosi gelungen. Dem widerspricht jedoch, dass auch die weltweit agierenden Grossbanken hier Konten oder Filialen unterhalten. Und die Gefahr liegt auf der Hand, dass das gesamte Weltwirtschaftssystem zusammenbrechen würde, das auch von den kriminellen Geldern am Leben erhalten wird.
Das finanzielle Netzwerk Osama bin Ladens hatte die „Bank for Credit and Commerce International“ (BCCI) zum Vorgänger, spöttisch auch Bank for Crook and Criminal International (etwa Bank der Betrüger und internationalen Kriminellen) genannt. Sie wurde 1972 gemeinsam von einem pakistanischen Banker und dem Chef des saudi-arabischen Geheimdienstes gegründet und operierte in über 70 Nationen. „An den Aktivitäten der Bank waren Terroristen der Abu-Nidal-Gruppe, die CIA, die Geheimdienste Saudi-Arabiens und Pakistans beteiligt. Die Bank beschäftigte sich im Schwerpunkt mit den Geldtransaktionen von rund 3000 Drogen- und Waffenhändlern, Terroristen und Geldwäschern.“[Andreas von Bülow, Im Namen des Volkes, München 1998, S. 258] Dazu zählten auch der irakische Diktator Saddam Hussein und der panamesische Drogenboss und Regierungschef Noriega. Die BCCI-Bank, mit offiziellem Hauptsitz in Luxemburg, vergab an ihren ausgewählten Kundenkreis grosszügig Kredite – einige Teilhaber erhielten Kredite in Höhe von mehreren 100 Millionen DM – ohne die entsprechenden Sicherheiten einzufordern. Platzten die subventionierten Geschäfte, mussten die Finanzlöcher aus eigenen Mitteln gestopft werden. Dies konnte nur erreicht werden, weil die Bank auf stetiges Wachstum angelegt war, so dass permanent Kapital zufloss, ohne dass lästige Nachfragen erhoben worden wären, woher die Gelder stammten. Um dieses Verfahren durchzuhalten, musste die Bank eine „kreative“ Buchführung betreiben und ein weltweites Kontakt- und Bestechungsnetz aufbauen. Auf diese Weise entfaltete sich die BCCI immer stärker zu einer Bank, die Dienstleistungen für Schwarzgelder aller Art anbot, die Drogengelder wusch, Fluchtgelder in grosser Zahl aufnahm, Waffengeschäfte tätigte, geheime Aktionen durchführte und grosse Geldmengen hinterzog.
Zu den Hauptaktionären der BCCI gehörte mit einem Aktienanteil von 20 Prozent auch der saudische Bankier Khalid bin Mahfouz, ehemaliger Leibbankier des saudischen Königs und Ehemann der Schwester Osama bin Ladens. Mahfouz ist Eigentümer der Nationalen Handelsbank in Saudi-Arabien, der weltgrössten Privatbank. Darüber hinaus ist er an zahlreichen Handels- und Industriebetrieben im Nahen Osten beteiligt. Die Mahfouz-Familie gilt, nach der Herrscherfamilie des Königs, als die reichste Familie in Saudi-Arabien. Erst danach folgt der Clan bin Laden. Im Forbes-Magazin rangiert Mahfouz in der Liste der Reichsten der Welt auf Platz 125.
1987 soll sich Khalid bin Mahfouz mit einem Anteil von 11,5 Prozent an der im Erdölgeschäft tätigen, angesehenen „Harken Energy Corporation“ beteiligt haben, an der auch Georg W. Bush finanzielle Interessen hatte. Auch bei dem amerikanischen Investmentunternehmen „Carlyle Group“, das über aussergewöhnliche wirtschaftliche und politische Macht verfügt, kreuzen sich die Wege beider Familien. Das Unternehmen, das Verbindungen zur Rüstungsindustrie unterhält, besetzt besonders einflussreiche Posten mit ehemaligen führenden US-Politikern wie dem Ex-Minister James Baker III. oder William Long, ehemaliger stellvertretender Staatssekretär im Verteidigungsministerium.] Beratend für die Pflege weltweiter Verbindungen hat der ehemalige US-Präsident George Bush Sr. für das Unternehmen gewirkt.
Quellen:
Netzwerke des Terrors – Bundeszentrale für politische Bildung
The Worst Of All Possible Banks – NY Times
Saudi-Arabien. Freunde werden zu Feinden. Ein königlicher Schmerz – Gudrun Eussner