Das Stelldichein der über 2500 führenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft am World Economic Forum (WEF) in Davos wurde unter dem Motto «gemeinsame Normen für eine neue Realität» abgehalten. Seit 1971 treffen sich die Vertreter der international grössten Unternehmen, immer zum Jahresbeginn mit der Politik um sich anscheinend gute Vorsätze zu fassen. Ganz getreu der Mission des Forums, «den Zustand der Welt zu verbessern». Die Bevölkerung habe das Vertrauen in die Führungskräfte verloren, diagnostiziert der WEF-Gründer Klaus Schwab, welcher dem Steering Commitee der Bilderberg-Konferenzen angehört.
Wir haben uns auf den Weg nach Davos gemacht um am Open Forum Davos teilzunehmen, welches die Möglichkeit bietet «eine offene und kritische Auseinandersetzung über die Globalisierung, ihre Auswirkungen und künftige Orientierungen zu führen». Paralell zum Jahrestreffen des WEF wird seit 2003 eine Dialogplattform durchgeführt. „Hier trifft sich das World Economic Forum mit der Zivilgesellschaft, mit der Bevölkerung. Hier wird offen gesprochen. Hier konfrontieren wir die großen Fragen der globalen Wirtschaft mit den nicht minder grossen Fragen nach Gerechtigkeit, nach Frieden, nach Lebenssinn.“ so Gottfried Locher, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK.
Das Thema des ersten Panels, «Steht die Euro-Währung vor dem Grounding?» und die hochkarätigen Gäste weckten unser Interesse. Kurz nach der Rive-Reine Tagung, von welcher wir berichteten, hatten wir die Möglichkeit Patrick Odier, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, zu konfrontieren oder gar mit dem Bilderberger und Präsident der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet eine Debatte über die Euro-Schuldenfalle los zu treten. Ersteres ist uns gelungen, wir hatten Patrick Odier in die missliche Lage gebracht, die Geldschöpfung und das Mindestreserve System (fraktionales Reservesystem) zu erklären. Jean-Claude Trichet hat sich noch bevor das Panel beendet wurde, mit finsteren Bodyguards aus dem Staub gemacht, als wollte er den brennenden Fragen aus dem Publikum ausweichen. So mussten wir ihn ohne Interview, Konfrontation oder dergleichen zähneknirschend ziehen lassen.
Euro Grounding?
Donnerstag, 27.1.2011, 12.30 – 14.00 UhrDer Euro sollte zur Stärkung der EU-Volkswirtschaften beitragen, seit langem verliert er aber massiv an Wert. Zahlreiche Euro-Länder halten sich nicht an die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Hohe Staatsverschuldungen bringen sie an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Die Europäische Währungsunion ist gefährdet.
- Welche Auswirkungen hat die Euro-Krise auf die Schweiz? Was muss die Schweiz zur Lösung der Krise beitragen?
- Wie können der Euro und die EU langfristig überleben?
- Welche Auswirkungen hat die Krise weltweit?
- Steht die internationale Finanzstabilität erneut vor dem Zusammenbruch?
Gäste:
Wilhelm Hankel, em. Professor für Währung und Entwicklungspolitik, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt a. M., Deutschland
Patrick Odier, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, Genf
Nouriel Roubini, Professor, Leonard N. Stern Business School, New York University, USA
Jean-Claude Trichet, Präsident, Europäische Zentralbank, Deutschland
Dimitri Papalexopoulos, Managing Director, Titan Cement Company, Griechenland
Moderation:
Susanne Wille, Schweizer Fernsehen
Interessanterweise wurde das Open Forum Davos von Thomas Wipf geleitet, welcher mit dem Präsident der Bankiervereinigung, Patrick Odier, an den geheimen Rive-Reine-Treffen teilnimmt. Neben Martin Werlen, dem Abt von Einsiedeln ist der evangelische Pfarrer Wipf die zweite kirchliche Instanz, welche den Schweizer Topmanagern und führenden Politikern geistlichen Beistand gibt.
Fazit: Die Fragen, welche meist an den Präsident der Europäischen Zentralbank, Trichet, gestellt wurden, sind von ihm selber derart banalisiert worden, dass das Gefühl entsteht, er wolle sich der berechtigten Kritik gar nicht wirklich stellen. Stattdessen schlägt Trichet radikale Reformen vor und führt somit die «Entdemokratisierung Europas» ein, wie es Professor Wilhelm Hankel erläuterte.
«Der Euro ist eine starke und glaubwürdige Währung. Er hat das Vertrauen unserer Mitbürger, Anleger und Sparer. Es gibt keine «Krise des Euro».»
Jean-Claude Trichet