Die Geschichte des ehemaligen Bundesrates Hans-Rudolf Merz ist geprägt von seiner besonderen Beziehung zu den Banken. Trotz skandalöser Fehltritte und offensichtlichen Dummheiten, wurde er stehts durch eine ‹unsichtbare Hand‹ in wichtige Positionen und Ämter gehievt.
TAGI: DER BISHER SCHLECHTESTE BUNDESRAT
Über Tote und zurückgetretene Politiker soll man bekanntlich nur Gutes sagen. Für den früheren Finanzminister Hans-Rudolf Merz muss eine Ausnahme dieser Regel gemacht werden: Er war der bisher schlechteste Bundesrat. Weshalb?
Ende Februar 2008 hatte das Schweizer Stimmvolk mit einer hauchdünnen Mehrheit von 0,5 Prozent der Reform der Unternehmenssteuer zugestimmt. Der damalige Finanzminister Hans-Rudolf Merz hatte diese Reform mit der Allzweckwaffe «Das ist gut für die Wirtschaft und die KMU» angepriesen und schädliche Nebenwirkungen mehr oder weniger ausgeschlossen. Im Abstimmungskampf sprach er von Steuerausfällen von höchsten 50 Millionen Franken, im Abstimmungsbüchlein war von allenfalls 83 Millionen Franken die Rede. So etwas zahlt man heute quasi aus der Kaffeekasse.
Schon früh wurde er als Nachrichtenoffizier von Ernst Mühlemann ‹entdeckt› und bekam auch gleich den Posten als Stellvertreter des Direktors in der Kaderschmiede Wolfsberg der Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG später UBS). Nicht nur der FDP-Nationalrat Mühlemann, von der NZZ als «Schattenaussenminister» bezeichnet und 1991- 1999 als Mitglied des Europarates, die Funktion des Chefrapporteurs innehatte, fand gefallen am aufstrebenden Hansruedi. Seine Tüchtigkeit ist auch Max Schmidheiny (1908–1991) aufgefallen, ein Industriemagnat, der sich zu den reichsten Männern der Welt zählen konnte und über einen mächtigen Freundeskreis verfügte. So wurde Merz als Personalchef bei Schmidheiny eingesetzt und später zur Ausserrhoder Kantonalbank geholt. Mühlemann erinnert sich : «Mitte der neunziger Jahre wurde Merz zur Ausserrhoder Kantonalbank (ARKB) geholt, die er sanieren und dann liquidieren musste. Ich weiss, dass er mit sich gerungen hat, sie an die SBG zu verkaufen. Sicherlich haben ihm seine Kontakte vom Wolfsberg dabei genützt. Hans-Rudolf Merz hat Kontakte nie erzwungen. Andere haben seinen Rat gesucht«. «Sir Max», wie Schmidheiny von Zeitgenossen ehrfurchtsvoll genannt wurde, arrangierte sich sowohl mit den Nazis als auch mit den Alliierten und belieferte beide Kriegslager parallel. «Verkaufen, wo man verkaufen kann», lautet sein von Opportunitäten diktiertes Geschäftsmodell. So Expandierte er mit der gleichen Strategie wie Rockefellers Standard Oil Company und erlangte dadurch einen hohen internationalen Status. Bei der Erbteilung des Familienimperiums im Jahr 1984 waren seinem Sohn Stephan Schmidheiny unter anderem die weltweiten Asbestzementaktivitäten zugefallen, während der um zwei Jahre ältere Bruder Thomas den ganzen Zement- und Betonteil übernommen hatte.
«Entnervt über die wieder aufgeflammte Asbestdiskussion, gab der zurückgezogen lebende 55-Jährige Stephan Schmidheiny das Präsidium seiner Anova Holding überraschend ab und legte die Kontrolle über das Beteiligungsvehikel, bei dem die weltumspannenden Eternit-Interessen früher gebündelt waren, in die Hände seines langjährigen Beraters, FDP-Ständerat Hans-Rudolf Merz.» So beschreibt das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz in ihrem Bericht «Die Schmidheinys (Teil 1): Tödliche Milliarden» die rücksichtlose, gierige Milliardärsfamilie, welche den Dr. rer. publ. Merz als Berater um die Welt schickte, z.B. nach Süd-Afrika wo er für die Schmidheinys während dem Apartheidregime Superrenditen erzielte. Christoph Blocher gründete 1982 die «Arbeitsgruppe südliches Afrika» (ASA), der er als Präsident vorstand und mit seiner Firma EMS-Patvag politisch und wirtschaftlich mit dem Apartheidstaat zusammenarbeitete. Spätestens hier haben sich auch die Wege der beiden zukünftigen Bundesräte und gekreuzt, da Blochers Rassistengruppe eng mit dem Schmidheiny-Konzern (Eternit/Everite) verbundenen ehemaligen Wirtschaftsberater Hans-Rudolf Merz kollaboriert hat und beide eine gute Freundschaft zu Stephan Schmidheiny pflegen. (Quelle: Kollaboration mit dem Apartheidregime – Skandalöse Ergebnisse des Nationalen Forschungsprogramms NFP 42+)
1992 wurde Merz in den Verwaltungsrat und 1993 zum Verwaltungsratspräsidenten der ARKB gewählt. «Bordell, Casino, Systemversagen: Die Geschichte der ARKB und ihres Verkaufs ist voll sogenannt träfer Bemerkungen und Anekdoten.» schreibt die WOZ und wühlt in der Bankenvergangenheit des ehemaligen Bundespräsidenten.
«Wer gelegentlich in Vorstandsetagen, Fraktionszimmern, Kommandozentralen, Hochschulsälen oder Kreuzgängen zu tun hat, der wird immer auf die unmittelbare oder symbolische Präsenz einer aussergewöhnlichen Persönlichkeit stossen. Anwesende verneigen sich unsichtbar vor ihr, gelegentlich tun sie dies sogar in ritualisierter oder semantischer Form. Man spürt die Aura eines Menschen und man vernimmt gleichzeitig eine Idee, eine Botschaft, die mit ihm verbunden ist.»
Aus: Hans-Rudolf Merz: «Die aussergewöhnliche Führungspersönlichkeit. Essay über Elativität und elative Persönlichkeit», Seite 7
Die WOZ sieht diesen Schachzug als sehr gerissen, da sich Hans-Rudolf Merz die Unterstützung für den Einzug in den Stände- und später in den Bundesrat von den Grossbanken als Dankeschön für den ARKB-Verkauf gesichert hat. Das Bankengeheimnis wurde von dem treuen Knecht Merz verwässert und gilt nun nicht mehr als absolut, auch die Übernahme des OECD-Standards war gar ein allzu voreiliges Entgegenkommen der ‹Internationalen Gemeinschaft›. Diese Globalisten, welche hinter der Weltbank, des IWFs und des Euros stehen, haben einen speziellen Kurs für die Schweiz vorgesehen und sind die waren Grössen der Hochfinanz.
«Gute Führer, hob Merz hervor, seien «Menschen, die nie aufgeben» und «Rückschläge trotzig einstecken». sie könnten «Niederlagen in Siege verwandeln», Gefahren wehrten sie «heftig, oft brutal» ab, auf ihren Entscheid warte man «hingebungsvoll und aufmerksam», ihnen vertraue man sich in «unklaren oder ausweglosen Lagen blindlings» an, «man spürt die Aura». Merz nannte viele Beispiele etwa Churchill und Dunant, aber auch Mao-Tse-tung, dem «die Bildung der Volksrepublik China» gelungen, Ho Chi Minh, dem «die Befreiung Indochinas»zu verdanken ist. So pries der selbständige Unternehmensberater aus Herisau die grossen Führer und sprach kaum von ihren Opfern.»
Aus: Viktor Parma: Machtgier – Wer die Schweiz wirklich regiert, Seite 35
Während seinen 1.3 Millionen Flugkilometer, die Hans-Rudolf Merz als Berater für Max und Stephan Schmidheiny in 12 Jahren hinter sich liess, traf er bestimmt hin und wieder auf illustre Persönlichkeiten. In seiner 88-Seite Beroschüre mit dem Titel «Die aussergewöhnliche Führungspersönlichkeit, betonte er ausdrücklich die «tief verwurzelte Sehnsucht des Menschen nach Autorität und Führung». Diese Fehlleistungen in seiner Amtszeit sollte man daher vielmehr als das ansehen, was sie wirklich sind: Vorauseilender Gehorsam. So haben beide rechtsbürgerlichen Alt-Bundesräte Merz sowie auch Blocher ihre Wahl im Dezember 2003 «nicht zuletzt dem Lobbying der Grossbanken» zu verdanken, wie Phillip Löpfe von der 20minuten in seiner Bankgeheimnis-Serie «Bundesräte von Ospels Gnaden» schrieb. Hans-Rodulf Merz wurde tatsächlich Nachfolger von Kaspar Villiger, welcher nun Präsident der UBS ist. Die Welt ist klein.